20.08.2016
Rund um Bad Gandersheim
Radtour: Mit den Grünen unterwegs in eine bessere Zukunft
Der Kreisverband Northeim-Einbeck der Grünen hatte seine Mitglieder - ganz grün - zu einer Radtour eingeladen. Fast ein Dutzend Interessierte starteten ihre Tour am Bahnhof in Kreiensen . Als Nutzer und Fürsprecher eines starken öffentlichen Nahverkehrs kritisierte Johannes Antpöhler aus Heckenbeck, dass es am Bahnhof keinen Automaten der Bahn mehr gibt, sondern nur einen der Bahngesellschaft Metronom. Außerhalb der Öffnungszeiten des Servicecenters können Bahnreisende keine Fahrkarten zu Fahrtzielen erwerben, die außerhalb des Metronom-Gebietes liegen.
Mit dieser Politik der Bahn wirbt man keine Neukunden. Diese finden Fahrkarten dafür nur im Internet. Oder die Leute bleiben beim Auto.
Die Bahn fährt noch mit drei IC-Zügen nach Hannover und Göttingen über Kreiensen. Regionalbahnen von DB Regio verkehren auf der Strecke Göttingen – Kreiensen -Bad Harzburg.
Die Radtour der grünen Gruppe ging über den Radweg entlang der B 64 Richtung Orxhausen, gut ausgebaut und von Alltags- und Urlaubsradlern genutzt, nach Bad Gandersheim.
Vor der Stiftskirche warb Antpöhler für einen Besuch der Domfestspiele, die bekanntlich eine herausragendes kulturelles Ereignis sind, und dafür auch vom Kreis Northeim subventioniert werden.
In Wolperode beschäftigten sich die Grünen mit moderner Milchwirtschaft. Sie besuchten einen Landwirt mit 150 Milchkühen. Die Kühe sind nicht angebunden, bekommen automatisch Kraftfutter und werden automatisch gemolken. Was den Kühen allerdings noch fehlt ist der direkte Auslauf.. Dem Landwirt wird viel schwere Arbeit abgenommen und die Kühe liefern überdurchschnittlich viel Milch.
Wenn Politiker auf die Praktiker treffen ist auch Gelegenheit Kritik an der Landespolitik zu üben. Hohe Auflagen wie das Abdecken von Misthaufen auf den Feldern mögen in Süd-Oldenburg eine Berechtigung haben, in unserer Gegend erscheint diese Auflage überzogen. Der Bau von Mistplatten wäre für einige Betriebe finanziell nicht zu stemmen. Die Kommunalpolitiker der Grünen sagten zu, dies mit dem Landwirtschaftsminister zu besprechen.
An die Besichtigung schloss sich der Besuch des dem Bauernhofes mit angeschlossenem Eiscafés an. Die unmittelbare Nutzung der Milch als Grundstoff für die Eisproduktion verschafft der Familie ein zusätzliches Einkommen. Der Ort ist durch zwei Cafés ein beliebtes Ausflugsziel. Ein Gewinn für alle.
Über die breit ausgebaute K644 radelte die Gruppe nach Heckenbeck. Die Kreisstraße gehört zu den drei Modellstrecken im Landkreis Northeim, bei denen der „Fahrradschutzstreifen außerorts“ getestet wird. Für die Autofahrer bleibt in der Mitte eine Fahrspur, die sie nur verlassen dürfen, wenn kein Radfahrer vor ihnen fährt.. Eine Ausnahme sind unübersichtliche Kurven oder Kuppen, die es auf der Strecke häufig gibt. Hinter Radfahrern muss der Autofahrer zurückbleiben, bis Gegenverkehr die Stelle passiert hat. “Leider ist die Öffentlichkeitsarbeit für diese neuen Regeln völlig unzureichend“, kritisiert Kreistagsabgeordneter Johannes Antpöhler. Die einfache Veröffentlichung in der örtlichen Zeitung, die Nennung einer unübersichtlichen Website und ein Video auf der Landkreis-Website und reichen nicht aus. Jedenfalls hält sich kaum jemand an die Regeln.
Die Auswertung der Begleitung des dreijährigen Versuches soll diesen Herbst stattfinden. „Hoffentlich bleibt es bei den Schutzstreifen, da nur so auf dieser Straße ein Tempolimit von 70 km/h zugelassen ist. Ohne Schutzstreifen wären hier 100 km/h zugelassen und das ist für Radfahrer viel gefährlicher“ gibt Johannes Antpöhler die Meinung vieler Radfaher wieder, die diese Strecke häufiger fahren.
In Heckenbeck besuchten die Grünen den Bioladen von Nazir Alemi. Der Laden wird als Mitgliederladen geführt, in dem auch Nicht-Mitglieder einkaufen dürfen. Die Mitglieder zahlen einen monatlichen Beitrag, der das Einkommen des Ladners sichert, und kaufen die Waren fast zum Einkaufspreis. (Lediglich ein geringer Aufpreis für Umschlag und Verderb wird erhoben). Verkauft wird ein (tiefes) Biotrockensortiment, aber auch regionales Gemüse, Käse, Fleisch Backwaren, Getränke sowie Drogerieartikel. Auf Wunsch wird die Ware auch geliefert.
In Heckenbeck kaufen viele Einwohner fast ausschließlich in diesem Laden. Diese Stammkundschaft ist die Basis für dieses Modell, das auch in anderen Ortschaften ohne eigenen Lebensmittelladen funktionieren könnte. Nazir Alemi hat mit vor über 10 Jahren mit 20 Mitgliedern angefangen, „Anfangen statt zu Jammern“, war sein Motto. Heute hat er 200 zahlende Mitglieder und eine Vergrößerung des Ladens steht bevor.
Voraussetzung ist ein fester, zuverlässiger Kundenstamm. Von dem vergessenen Stück Butter kann kein Tante-Emma-Laden leben. In fast allen Orten sind die Lebensmittelläden verschwunden, weil alle Kunden in den Discountern am Rande der Klein-und Mittelstädte einkaufen. Diese Entwicklung macht das Leben ohne Auto auf dem Lande schwierig. Am Rande von Hannover gibt es mehrere Initiativen für neue Nahversorgungsläden. Eine Entwicklung, die Schule machen könnte. Die grünen Radler waren beeindruckt und werden das Modell in ihren Köpfen bewegen und vielleicht entsteht bald im Landkreis ein weiterer Dorfladen?
Bioladen Heckenbeck
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